6. Tag (31.7.)

Wartena nach Irnsum

Da sind wir!

Moin, liebe Leser! Ein weiterer wunderschöner Morgen ist angebrochen im Yachthafen von Wartena. Und er gestaltet sich wie immer: erst ist es überall feucht, dann kommt mehr und mehr Sonnenkraft drauf und alles trocket plötzlich blitzschnell. Jette hat sich beim ersten Gassi schon kurz und intensiv mit den Dutzenden Kaninchen beschäftigt, die hier überall auf den Rasenflächen sitzen. Aber nur kurz, denn die sind schneller und blitzartig weg, was ihr dann die Lust an weiteren Jagden nahm. Gut so.

Ronalds Problem mit seinem Wanten-Pütting wollte die hier ansässige Werft nicht schweißen. „Hält nicht“- war die Aussage. Ronald wollte dann einfach einen Nirodraht durch die Rumpflöcher fädeln, bis Dorit einfiel, dass ich ja noch Dyneema 4mm in der Backskiste liegen habe: Gedacht zum Mastlegen für die Winde, ein Seil, das sehr dünn ist und genauso viel hält wie ein Stahldraht! Aber angenehmer zu führen und bearbeiten ist. Dyneema- die Wunderfaser! Gesagt, getan: Ronald hat jetzt einen Dyneema-Pütting an Backbordseite. Dann haben wir den Mast der „Robbe“ gestellt und anschließend Dorit und ich unseren. Das geht jetzt alles immer flotter und man muss beim Stellen nur darauf achten, dass keine Leine oder kein Want irgendwo hängen bleibt und dass alle Schäkel auch richtig hinflutschen und sich nicht verklemmen. Dann wird das Kurbeln plötzlich sehr schwer. Gut, dass man es merkt und nicht etwa mit einem fetten Elektromotor solche Sperren überwindet. Dann kracht es meist irgendwann.

Einer war duschen, ein anderer den Hund Gassi führen und fand dann zunächst keine Entsorgung für die Hinterlassenschaft. So kann man Stege „lesen“….

Es wird heute wieder heiß, aber es weht auch ein schöner Wind. Wir haben also Hoffnung auf einen ersten Segeltörn ins Herz Frieslands!

Weit wollen wir nicht, nur nach Grouw. Da liegt man gut, kann gut essen und einkaufen und es gibt viel zu gucken ringsum.

Der Mast steht! Mit Hauptwantpütting aus Wunderfaser Dyneema! Wir werden immer schneller.

Mit Grouw war nichts…

Tja, das Eine denkt man sich, und das Andere wird dann draus. Als wir vor zwei Jahren Anfang Juni in Grouw waren, gab es Liegeplätze in Fülle, es war durchaus Leben im Revier, aber keine Fülle. Jetzt ist Überfülle! Das mussten wir heute am eigenen Boot genervt erfahren: Schon auf dem Wasser ging es zu als freite der wilde Wassermann die junge Fee. Boote über Boote, die alle kreuz und quer durcheinander fuhren, aufgemischt durch die Jolle diverser Segelschulen. Es ist einfach Haupt-Ferienzeit und zudem beginn in zwei Tagen in Grouw das legendäre Skütsjesijlen, die Regatta der alten Tjalken. Und das ist in Friesland so attraktiv wie in Bremen ein Spiel von Werder gegen den HSV. Und schon Tage vorher sichert man sich einen guten Liegeplatz!

Wir umkurvten jedenfalls Grouw sehr intensiv, um noch zwei geeignete Plätze für uns zu finden. Es gab welche, aber die lagen am anderen Ufer und man hätte keinen Zugang zum Ort mit seinen Lokalen und Geschäften gehabt.

Bis dahin hatten wir aber wunderbar gesegelt! Und unser Fünftonner „Dralle Deern“ war dabei richtig flott unterwegs und zeigte neueren Konstruktionen dabei dabei durchaus ihr Heck. Bei Eernewoude segelten wir durch Feengebiet, eine wunderschöne Ecke. So schön, dass man in Deutschland dort bestimmt jedem das Befahren verboten hätte. Nicht so in den Niederlanden, wo sich Naturschutz und Tourismus nicht ausschließen.

Segeln in den Aalde Feenen (ehemaliges Moor)

Als nun Grouw sich als übervoll erwies, fuhren wir weiter – nur ein kleines Stück – bis Irnsum. Der Gedanke dabei war: nicht so weit weg und doch etwas ab vom Mainstream des Wassertourismus. Mal einkaufen und schön Essen gehen. Das hat sich leider nur zum Teil bewahrheitet. Wir liegen vor dem Ort im Yachthafen, Geschäfte gibt es keine und das einzige Lokal ist 2km Fußweg entfernt. Den will aber bei diesen Temperaturen niemand wirklich antreten. Man muss dieselben Kilometer ja auch wieder zurück nach dem Mahl…

Vermessung der Masthöhe wegen einer bestimmten Brücke, die nicht „BB“=beweglich ist.

Also macht Dorit nun Labskaus. Die Zutaten sind an Bord, Zeit haben wir auch und lecker wird es allemal. Ich habe derweil das Boot umschwommen und mit einem Schwamm die Außenhaut gesäubert. Da war noch viel Schlick aus Jemgum angehaftet. Auch Jette war zweimal bis zum Baum im Wasser- an der Slipanlage. Langsam geht uns die Hitze doch ziemlich auf die Nerven und da hilft so ein Bad doch kolossal.

Und morgen? Wir drehen von der Hauptroute ab und hoffen, dem übermäßigen Tourismus doch mal kurz entkommen zu können. Ronald und ich haben schon unsere Mastenhöhe vermessen, weil es da eine feste Brücke mit 12m gibt. Ergebnis: Wir passen durch! Dann geht es über kleine Fahrwasser über Akkrum nach Langweer und dann nach Joure. Da gibt es die Möglichkeiten – so die Fachliteratur – die wir heute vermissen mussten. Unsere Vorräte bedürfen dringend der Ergänzung. Auch unser Waldi träumt von Aldi! Sein Nassfutter ist alle und jetzt gibt es nur noch das Trockenfutter Marke „Wolfsblut“. Klingt gut, Jette würde aber gerne tauschen…

So, nun noch ein paar Fotos einfügen, und dann ist das Labskaus fertig und auch die Außentemperatur ist jetzt so gegen acht wieder etwas am Sinken. Wie schön! Wir schlafen indes sehr gut an Bord. Nicht zu warm und nicht zu kalt, und nach viel frischer Luft und körperlicher Betätigung an Fallen und Streckern, Schwertern und Bugspriet findet sich auch die nötige Bettschwere problemlos ein. Dann Mast hoch und Mast wieder runter – wie in den letzten Tagen – das übt auch ganz schön. Wir werden immer schneller und unsere neue Winde ist eine echte Hilfe!

Ein so guten Schlaf wünschen wir nun auch all unseren Lesern!*

*Dieser Blog ist konsequent genderfrei und schont damit die Nerven aller Liebhaber der Deutschen Sprache. Keineswegs werden dabei Frauen diskriminiert oder nur „mitgemeint“, denn das generische Geschlecht der Sprache hat nichts mit dem biologischen Geschlecht zu tun. Und wer sich nun aufregen möchte, der möge es gern tun.

Von Kommodore

Holger Gehrke | Pastor i.R. ("in Rufbereitschaft") | Segler von Kindheit an | Nach vielen Schiffen nun beim Traumschiff "Dralle Deern" gelandet | Ich liebe das Wattenmeer | Es ist mein Revier | Außerdem bin ich Ausbilder für Sportbootführerscheine und Seefunkzeugnisse und ehrenamtlicher Mitarbeiter der Seenotretter (DGzRS) in der Bremer Zentrale | Weitere Hobbys: Posaune, Fotografie, Angeln, Amateurfunk |

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