Tag 1 (16.9.) Mit Sonne weserabwärts

Brückenbaustelle Schlossbrücke Ritterhude

Gut losgekommen…

… sind wir heute. Ungefähr bei Stauwasser gegen 1500h haben wir abgelegt. Unsere Frauen haben uns nachgewinkt, nachdem auch sie in der Entenscheiße des ungepflegten Anlegers gestanden hatten (da zeigt sich, warum Seglerschuhe nicht grobstollig sein sollen wie bäuerliche Gummistiefel…). Ein mächtiger Mobilkran hob und versenkte mit viel Hammerlärm Spundwandteile im Lehmboden neben der alten Brücke:

Mit mehr oder weniger Stauwasser ging es dann die Lesum runter bis Grohn. Da legten wir uns neben ein anderes Plattbodenschiff, dessen Skipper gerade die Masten gelegt hatte – schon fürs Winterlager. Es ergab sich, wie sollte es auch anders sein, ein ausgiebiger Klönschnack über unsere platten Schmuckstücke. Unser Mast war schnell gestellt und wir tuckerten weiter. Der Wind stand und steht uns auf den Kopf (ich tippe dies gerade in Höhe Brake, während Werner am Ruder steht) und legte mit der Zeit deutlich zu. Aufkreuzen? Besser nicht, weil ja die Tide wegläuft. Aber wir liegen noch gut in der Tide, weil wir ja schon bei Stauwasser in Ritterhude abgelegt hatten. Unter den Brücken war da auch nicht mehr viel Luft nach oben gewesen, zumal heute eine besonders hohe Tide läuft. Mit Glück schaffen wir es heute noch bis Großensiel. Das wäre prima.

Ansonsten ist Bordhund Jette in ihrem Element, hat mit Begeisterung eine halbe Packung Nassfutter weggehauen und sich dann unter die Koje und neben ihr Körbchen zum Dösen oder Schlafen hingepackt.

Warum ins Körbchen, wenn man auch unter die Koje kriechen kann….?!

Wir leben total gesund, weil Werner von bäuerlicher Verwandtschaft ordentlich leckere Tomaten mitgebracht hat und ich einen Korb mit Zwetschgen gekauft habe. Ich wollte eigentlich Pfirsiche haben, aber alle Sorten kamen aus Spanien, und da hat die Skipperin mir aus guten Gründen ein Kaufverbot erteilt. Also Zwetschgen aus dem Alten Land. Lokal und gesund. Und mit dem tollen Nebeneffekt auf einen fluffigen Stuhl. Das ist besonders wichtig, wenn man beim Bord-WC mit mit anderthalb Zoll, sondern nur mit dreiviertel Zoll „nach draußen“ gehen kann. Kleinerer Querschnitt – für Nicht-Zollkundige erklärt. Da sollte man Lebensmittel meiden, die Verstopfung gewirken und lieber pfundweise altländer Zwetschgen genießen. Der Rest fügt sich zum Besten – für dreiviertel Zoll-Leitungen. Also, keine Schokolade, sondern Zwetschgen.

So, jetzt will ich Werner mal ablösen, damit der den zweiten Pullover raussuchen kann, oder ist es schon der dritte? Die Wetterprognose ist top für diese Woche und der Wind eigentlich auch. Das „eigentlich“ bezieht sich dabei auf die vorherrschende Richtung: NNO. Mal schauen, was wir damit machen können. Klingt eher nach Fedderwardersiel als nach Wremen…

Vielleicht schreibe ich nachher noch was… Bis dann!

Teil II am späten Abend:

Es passte wirklich optimal: Laut Tidenkalender war NW Nordenham zugleich mit dem Sonnenuntergang irgendwann nach 1900h. Und weil wir eine Springtide haben und Saisonende mit erhöhter Verschlickung ist, kamen wir prompt nicht mehr bis an den Anleger. Wir fielen in der Einfahrt bereits trocken. Aber immerhin so weit drin, dass uns keine Wellen von vorbeifahrenden Schiffen mehr ärgern konnten. Es fuhren aber auch keine mehr vorbei.

Und- ehrlich: Jetzt im Herbst zeigt sich erst die Güte einer gemütlichen Kajüte! Abends, wenn es frisch und feucht wird draußen zieht man sich dahin zurück. Wir mussten eh auf die Flut warten, verzichteten auf Ankerwurf und peilten aus den Bullaugen, ob wir uns bewegten oder nicht. „Stehende Peilung“ war erst mal angesagt.

Sonnenuntergang über Großensiel

Zeit genug, um einen kräftigen Tee zu kochen, angereichert durch einen starken Schuss Rum! Wow, das half sofort, oder wie Schabowski zu sagen pflegte: „Unverzüglich….“. Irgendwann wanderte die Peilung und der Diesel trieb uns fünfzig Meter weiter in den Hafenkanal. Wieder Grund. Wieder Tee. Wieder Klönschnack und warten. Zu viel Klönschnack, denn plötzlich trieben die ersten Boote an uns vorbei! Schnell raus, Diesel an, und einen Crash vermeiden! Hat geklappt. Ein Scheinwerfer wäre aber hilfreich gewesen. Wünsche ich mir zu Weihnachten am besten. LED und ordentlich Lux und Lumen!

Als wir fest waren am Außensteg habe ich mir Jette geschnappt und wir haben erst mal eine große Hafenrunde gemacht. Mit allem, was da so abzusetzen ist. Jetzt hängt sie nur noch müde rum, hat noch eine Restration Futter bekommen und döst so vor sich hin. Sie liebt dieses Bordleben zwischen Futter, Nähe und Dösen.

Morgen können wir es ruhig angehen lassen, denn HW ist spät. Dann wird es auch nur bis Bremerhaven reichen. Es wird früh dunkel, die Tide liegt schlecht für Fedderwardersiel. Aber wir haben ja Zeit. Vielleicht kreuzen wir morgen mal auf, es soll zudem kräftig winden morgen, genug für fünf Tonnen Stahl mit Seitenschwertern.

Werner liegt schon in der Koje und befasst sich einerseits mit meiner Bedienungsanleitung für das neue See-WC und andererseits mit der Frage, ob er nun wirklich Verwandtschaft in USA hat oder nicht. Da wollen ihn nämlich welche besuchen kommen und er kennt die gar nicht. Da ist die WC-Bedienung vielleicht doch das leichtere Thema. Jette schläft unter meinen Füßen, Bremen 1 macht schöne Musik im Hintergrund, meine Pfeife glüht. Nur der Rum ist fast alle. Da müssen wir für Nachschub sorgen, es war nicht mehr viel drin in der Flasche. So, nun noch ein paar Fotos und dann gehe ich auch in die Koje. Gemacht habe ich sie jedenfalls schon. Morgen mehr dann…

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Von Kommodore

Holger Gehrke | Pastor i.R. ("in Rufbereitschaft") | Segler von Kindheit an | Nach vielen Schiffen nun beim Traumschiff "Dralle Deern" gelandet | Ich liebe das Wattenmeer | Es ist mein Revier | Außerdem bin ich Ausbilder für Sportbootführerscheine und Seefunkzeugnisse und ehrenamtlicher Mitarbeiter der Seenotretter (DGzRS) in der Bremer Zentrale | Weitere Hobbys: Posaune, Fotografie, Angeln, Amateurfunk |

2 Kommentare

    1. Moin, mien Deern, Gruß von der Drallen Deern! Hier wird gerade Tee mit Rum zubereitet, während wir auf die Flut warten im Schlick. Es fehlen uns noch 300m bis zum Anleger! Dann kann Jette auch wieder raus…. Lieben Gruß von Bord! Holger

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