2. Tag Wesertour (22.8.23)

Von Nordenham nach Wremen

Dochtwechsel beim Frühstück

Moin zusammen, liebe WattenmeerDralleDeernFangemeinde! Wir können von einer wohl durchruhten Nacht berichten und von einem entspannten Tagesbeginn. Sonne, aber nicht heißt und vor allem kein Frühstart im Morgengrauen. Und Seenebel ist auch nicht in Sicht – was nichts bedeuten muss, denn er lauert überall.

Wir wollen heute nach Wremen. Ein Hafen, den man aus mehreren Gründen selten bis nie ansteuert. Dabei kann man nur in der Ansteuerung von Wremen mal einen wirklich spannenden Prickenweg in Gestalt eines von Fischer selbst bezeichneten „Fahrwassers“ erleben. Aber dazu später mehr. Man fährt n i c h t hin, weil es erstens gleich hinter Bremerhaven liegt und wenn man schon in See sticht von dort, dann will man in der Regel gleich weiter.

Zweitens segelt man zu 99 Prozent entweder „geradeaus“ (offene See/Helgoland) oder „links ab“ (übers Watt zur Jade und zu den Ostfr. Inseln) Während also auf der Kaiserbalje der Bär los ist in der Ferienzeit, kann man im „Wurster Watt“ (also zwischen Wremen und Cuxhaven) ein riesiges Gebiet meist alleine besegeln. Da verläuft zwar offiziell der Weser-Elbe-Schifffahrtsweg über drei Wattenhochs, man kann auch zwei weitere Häfen anlaufen (Dorum und Spieka-Neufeld), aber man wird alleine auf weiter Flur bleiben.

Schade eigentlich. Denn da ist es wirklich schön. Was allerdings die genannten Häfen betrifft ähneln sie Sachkgassen. Man kommt nur nahe HW hinein und auch wieder heraus. Dann bleibt wenig Zeit, um noch irgendwohin zu fahren. Will man von Wremen aus wieder zurück in die Weser fahren, dann kommt man nicht weiter als nach Bremerhaven und etwas „Nachdruck“ auch nach Großensiel. Bremen ist viel zu weit weg, weil einem dann schon wieder die Ebbe entgegenläuft.

Drittes Argument (nicht von mir!) gegen Wremen ist, dass es ein „Schlickloch“ ist. Man liegt hoch und trocken und fällt nach rückwärts runter trocken. Das kann dazu führen, dass man sich „falsch“ herum in seine Koje legen muss, damit einem nicht das Blut ins Gehörn läuft. Der Verein freilich ist gastfreundlich – vermutlich, weil sie sich über jeden freuen, der es mal zu ihnen hin wagt. Die Sanitäranlagen liegen im Vordeichsgelände, müssen im Winter weg und sind deshalb Container-Styling. Nun gut… ich kann damit leben.

Dafür gibt es Touristen, erfreulicherweise aber nur auf der anderen Hafenseite. Viel zum Gucken. Und Buden. Mit Fisch und Fritten und Bier und Eis. Und ein schönes kleines Café, wo man wunderbar frühstücken kann. Das allein lohnt schon mal den Törn, wenn einen nicht der wunderbare Ebbe-Blick über Watt und Weser eh schon fasziniert. Ich habe da etliche tolle Fotos geschossen und habe dafür auch diesmal extra meine schwere Nikon-Ausrüstung gestaut.

So, wir müssen jetzt los, sonst sitzt die Robbe gleich fest und dann müssen wir hierblieben….

Containerkaje Bremerhaven – wird steuerbord liegen gelassen…

Teil II – ab mittags

Gegen 11.30 Uhr ist Niedrigwasser am Wurster Arm der Außenweser, von wo der Hafenpriel nach Wremen abzweigt. Und wir waren fast auf den Punkt genau dort. Gut berechnet, so könnte man sagen. Null Wind, in Böen Bft 1, das war zu wenig für Motorsegler wie Robbe und Dralle Deern. Also durfte der Diesel sein sparsames Geschäft wieder einmal zuverlässig verrichten.

Jetzt liegen wir vor Anker mit Blick auf die ersten, von Fischern selbstgelegten „Tonnen“ des Hafenpriels. Drei Stück sind zu sehen – alle liegen noch hoch und trocken auf dem Watt. Aber sie geben die Richtung an, in die wir fahren müssen. Schön Bb liegen lassen und dann treffen wir den Priel. Weiter hinten sieht man dann erste Pricken.

Ansteuerungstonne Hafenpriel Wremen – hoch und trocken bei NW

Wir haben bei NW Anker geworfen und haben jetzt eine Menge Zeit. Bei uns an Bord, um Labskaus vorzubereiten. Und um Blog zu tippen, Fotos zu überführen und leicht zu bearbeiten. Eine Pfeife rauchen und zwischendurch mal draußen nach dem Rechten zu schauen. So sieht gemütliche Wattenfahrt aus! Auf die erregte Frage von Regine, gleich nach Ankerwurf, was denn nun passieren würde, kam meine beruhigende Antwort: „Nichts“. Tiefer fallen wir nicht, also auch keine Schräglage auf hartem Grund zu befürchten. Im Gegenteil: jede Viertelstunde geht es ein wenig höher. Und irgendwann muss man etwas mehr Ankerleine stecken wegen gestiegener Wassertiefe. Wer die Nacht schlecht geschlafenb hat, der kann jetzt ein kleines Nickerchen zum Ausgleich machen. Bei uns aber nicht nötig.

Hier beginnt, wie oben bereits erwähnt, der Teil des niedersächsischen Wattenmeeres, in dem man ganz alleine unterwegs sein kann und meistens ist. Man muss nicht an die Ende der Erde fliegen, um dieses Gefühl zu erleben. Es reicht das Wurster Watt! Wer es nötig hat, mal richtig „runterzukommen“, der besorge sich ein altes, kleines Segelboot und schippere mal hierher. Hier spielt übrigens auch, ganz in der Nähe bei den „Schwarzen Gründen“ und dem Wattenhoch „Meyers Legde“ das bekannte Buch von Manfred Hausmann mit dem Titel „Abel mit der Mundharmonika“. Es wurde sogar mal verfilmt. Muss man hier einfach lesen, ich habe es immer dabei.

Wremen in Sicht. Hier beginnt der Hafenpriel.

So, jetzt ist Mittagspause, es kommt nachher noch ein Teil III, vermutlich mit Schilderungen und Fotos von wilden Pricken und schlickigen Liegeplätzen und Duschen im Container. So kommt jeder auf seine Kosten. Vorher noch ein paar Fotos:

Teil III: Einlaufen und Festmachen in Wremen

Wir lagen zwar nicht vor Madagaskar und hatte auch keine Pest an Bord. Wir lagen vor Wremen und hatten alle Zutaten für ein leckeres Labskaus an Bord!

Und so machte sich die Bordköchin ans Eingemachte – was aber nur Gurken und Rote Beete betraf, schälte und kochte Kartoffeln. Dafür war reichlich Zeit, denn wir mussten auf steigendes Wasser warten. Es kam und wurde mehr und dennoch reichte es noch nichtz für das Wremer Tief. Also erst mal aufs Ohr gelegt nach dem köstlichen Mahl, Zeitung gelesen oder eine Pfeife geraucht und darüber nachgedacht, wie man aus zwei Welten vielleicht doch eine machen könnte im Hinblick auf die WC-Frage an Bord. Noch ist ein „Chemie“-Klo an Bord und wir finden ein Wasser-Pump-Klo eigentlich besser, außer wenn man trockengefallen ist, weil es da kein Wasser von außen zu pumpen gibt. Da ist das Chemie-Klo deutlich im Vorteil. Mein Gedanke: Das Chemie-Klo unten mit einem Ablaufventil versehen, eine ordentliche Fäkalienpumpe dahinter und dann durch den vorhandenen Auslass im Schiffsboden raus damit, wenn man auf offener See ist. Chemie nutzen wir eh nicht im Chemie-Klo, sondern nur natürliche „Zutaten“. Und wenn man öfters Labskaus isst, dann braucht es vermutlich gar keine „Zutaten“ mehr.

Labskaus

Woran man so im Geiste herumkonstruiert, wenn man stundenlang vor Anker liegt…. Draußen fuhr derweil ein Maersk 400m-Containerriese vorbei.

Langer Rede kurzes Finale: Anker gelichtet und rein in den Wremer Priel, ins Sieltief! Die Robbe dicht hinter mir mit ihrem doppelten Tiefgang. Dralle Deern als Pfadfinder voraus. Aber es lief bestens und wir kamen ohne festzukommen mit einem Zuge durch. Und es erwartete uns der Hafenmeister, um uns die letzten beiden Liegeplätze zuzuweisen. Da mussten wir dann noch warten, weil das Wasser noch nicht hoch genug für die hochliegenden Plätze war.

Robbe wartet auf Wasser vor Liegeplatz

Aber alles bestens. Es lief wie am Schnürchen. Die Beprickung haben sie neu gemacht und stark vereinfacht gegenüber früher. Und wenige Schritte neben uns standen Wattwanderer am Priel und freuten sich an unserem Erscheinen. Es geht wirklich von Null auf anderthalb Meter Tiefe steil runter, vor allem in den Kurven des Tiefs. Dafür sorgen die Kutter, die tagein, tagaus da hindurchpflügen mit ihren fetten Dieselmotoren und das Tief bei dem halten, was sein Name verheißt: nämlich tief zu sein.

So, und nun noch besondere Grüße an unsere liebe Nachbarin Ursel, die auch – so erzählt man hier an der Küste – täglich diesen Blog liest! Ursel, alles im Lot auf dem Riverboat hier! Bis bald!

Der Rest ist schnell erzählt: als die Boote fest lagen am Liegeplatz sind wir zum Siebhaus rüber gegangen und haben uns erst mal was gegönnt, je nach Verlangen: vom Fischbrötchen bis zum Pflaumenkuchen. Nachher gehen wir dann noch richtig Essen…. Und morgen früh geht es sehr früh los, weil die Tide es verlangt. Mit dem ersten Morgengrauen legen wir ab und werden trotzdem dann nur bis Bremerhaven kommen. Dann eine Ebbe abwarten und mit der zweiten Flut dann noch ein Stück in die Weser reinfahren zu einem anderen Hafen, die die Crew der Robbe noch nicht kennt. Vielleicht endlich auch mal mit Wind und Segeln. Diese Flaute nagt doch mehr noch an meinem Selbstverständnis als am Tankinhalt!

Also, dann bis morgen!

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Kategorisiert in Logbuch

Von Kommodore

Holger Gehrke | Pastor i.R. ("in Rufbereitschaft") | Segler von Kindheit an | Nach vielen Schiffen nun beim Traumschiff "Dralle Deern" gelandet | Ich liebe das Wattenmeer | Es ist mein Revier | Außerdem bin ich Ausbilder für Sportbootführerscheine und Seefunkzeugnisse und ehrenamtlicher Mitarbeiter der Seenotretter (DGzRS) in der Bremer Zentrale | Weitere Hobbys: Posaune, Fotografie, Angeln, Amateurfunk |

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