4. Tag = Hafentag in Fettsiel

So sieht’s gerade aus in Fedderwardersiel (Fettsiel): Dunst, Windstille. Die Flut läuft ein, wir nähern uns HW, aber wir bleiben liegen bis morgen. Dafür haben wir schon mal fürstlich gefrühstückt an Bord. Ich habe um 0756h in der Schlange vor dem Hafen-Markt „Henken“ gewartet, bis die junge Generation den Markt öffnete. Da hat sich nichts verändert in den letzten vierzig Jahren oder mehr. Zu Fedderwardersiel gehört der Hafen-Markt und das Betreiberehepaar Henken. Als ich in Jugendzeiten erstmalig diesen Hafen übers Wasser erreichte waren sie schon da und irgendwann in den letzten Jahren starb erst der alte Henken und seine Frau machte alleine weiter. Bis auch sie nicht mehr konnte. Ich sehe sie noch an der Kasse sitzen. Und ich habe noch den „Ton“ im Ohr, geprägt von konkurrenzlos-sorgenfreier Existenz bei viel Arbeit und stetig zwischen den kurzen Sätzen an die Kundens nonverbal diese Botschaft vermittelnd: „Benimm Dich ordentlich, sonst verkaufe ich Dir nichts!“

An den alten Henkens hätten sich auch die besten Kundenfreundlichkeits-Trainer die Zähne ausgebissen! So ist das halt, wenn es keine Konkurrenz gibt, die das Geschäft im Sinne der Kunden beleben könnte. Es wurden einem noch die letzten schrumpeligen Äppel als Frischware verkauft und wer ein frisches Brötchen wollte, der musste nicht nur Schlange stehen, sondern auch noch drei „Vater-Henken-Unser“ laut vorbeten. In den letzten Jahrzehnten kam dann noch ein grausiges Sortiment an Touri-Fanartikeln mit ins Angebot. Aber irgendwie gehört dieser Laden zu Fettsiel. Ist ja eh ziemlich wenig, was hier im Angebot ist. Und alles ziemlich ungepflegt und runtergekommen. Dennoch wimmelt es nur so von Touristen, die vermutlich nur die wunderschöne Internetseite von Fedderwardersiel angeschaut hatten und dann glaubten, echte Fischer würden sie an Bord ihres Kutters holen, mit ihnen rausfahren, ihnen Granat schenken oder frischen Fisch. Stattdessen Bratfisch aus der Friteuse in drei mobilen Fritten-Ständen. Ständig umlagert. Austauschbar mit Wremen oder Dorum oder sonstwo an der Küste.

Dafür Wohnmobile ohne Ende. Es werden jährlich mehr. Aber die Infrastruktur wächst nicht mit. Der Platz ist auch begrenzt. Also enger stellen. Ob ich nun hier in der siebten Reihe eingekeilt zwischen anderen WoMos stehe oder vor einem Supermarkt in Wanne-Eickel (das zur Römerzeit noch Castrop-Rauxel hieß) macht eigentlich keinen Unterschied – vom „Ambiente“ her. Nur dass in Wanne-Eickel die Kurtaxe vielleicht noch höher ist. Um in die erste Reihe der Stellplätze vorzudringen muss man vermutlich mindestens bestechen, wenn nicht gar morden. Oder 89 Jahre alt sein und 54 Jahre auf der Anmeldeliste gestanden haben.

Genug gestöhnt und gejammert, ich bin ja schließlich auch hierher gefahren. Aber eben übers Wasser und anlegen kann man halt nur hier. Da fehlt es auch an Alternativen – aus nautischen Gründen.

Will sagen: der noch beworbene „Charme des kleinen Fischerortes“ ist längst passé, alles ist irgendwie austauschbar geworden mit anderen Touristenplätzen. Dass man es auch besser machen kann, kann man etwa in Eckernförde sehen oder tatsächlich auch in Bremerhaven.

Vielleicht ist dies alles auch nur mein langsamer Abschied in Trauer von einem Hafen, der wirklich mal ein Hafen für Schiffe und Boote war und jetzt zu einer ungepflegten Kulisse für WoMo-Kapitäne und Ferienhausmieter geworden ist.

Gleich testen wir mal mein neuestes Geburtstagsgeschenk: einen faltbaren Rentnerporsche. Sehr angenehm, wenn man wie wir heute für Getränkenachschub sorgen muss und dafür ein paar Meter laufen muss. Wohin? Ihr ahnt es schon: zum Hafen-Markt Henken. Wohin auch sonst….?

    Teil II : Einkaufsbummel

    Tja, das war der große Praxistest: Wie würde sich mein ultimatives Geburtstagsgeschenk, der faltbare Rentner-Porsche der Firma reisenthel in der Praxis bewähren? Und weil wir nicht „irgendwie“ testen, sondern immer an die Grenzen gehen, haben wir auch nicht Zuckerwatte und Daunenfedern eingekauft, sondern das

    Mein geniales Falt-Teil im Härtetest

    Leichtgewicht mit „Bölkstoff“ einer Firma aus dem Norden mit Knalleffekt beim Öffnen beschwert. Dazu ins Vorfach noch ein Pfund Granat zum Selberpulen und eine Tube Majonaise. Ach ja: ein ein Dreierpack bunter Wollsocken, die der Hafen-Markt Henken gerade im Angebot hatte. Nur sehr schwer konnte Dorit mich dann allerdings vom Kauf ungewöhnlich funkelnder Glitzer-/ Glimmer-Schuhe abhalten. Mit denen wäre ich der King von Bootssteg B geworden! Aber ihr Argument überzeugte mich: Da ist doch keiner außer uns…. Und ich muss noch mehr einsehen in aller meiner einseitigen Vorgeprägtheit: Das hätte es bei den alten Henkens nicht gegeben! Da tut sich doch ein gewisser Wandel der Generationen auf…

    Mit den Schuhen wäre ich der King von Bootsteg B! Glitzer und Glimmer! Auch nachts.

    Testergebnis: Deutlich besser als zu schleppen! Wobei es kleine Einschränkungen gibt im Umgang mit dem Verkehrsmittel: man muss immer ein gewissen Winkel einhalten, damit nur die Räder rollen und nicht irgendwas anderes über die Steine schleift. Gelang uns nicht immer. Ich bin dafür zu groß und es hängt auch von der Beladung ab. Deshalb sind jetzt auch schon zwei Löcher im Stoff in der Nähe der Räder, so richtig reingeschleift. Aber wir haben ja Panzertape an Bord! Das Original aus Bundeswehr-Beständen (ich fürchte, auch da werden wir angelogen von der Werbung). Mir fehlt auch noch der Beweis, dass irgendwann irgendwo mal wirklich ein Panzer mit diesem Tape repariert wurde. Wer es belegen kann, der melde sich!

    Teil III Erkenntnisse bei NW

    Es ist jetzt kurz nach 1600h und es ist kurz nach NW. Ein müdes Rinnsal ist vom Hafenwasser geblieben, alles liegt trocken. Da ist es gut, mal hinzuschauen, wo es besonders flach ist – im Hafen und vor dem Hafen. Was schon mal bemerkenswert ist: Im Mai fielen wir alle hier noch hart und schief trocken, inzwischen ist so viel weicher Schlick eingelagert worden, dass man wieder weich und gerade fällt und liegt. Irre, was das ausmacht! Nachteil: es ist dadurch natürlich noch flacher geworden.

    Als ich eben aus dem Hafen raus auf den Priel schaute, da fiel mir diese Sandbank auf. Sie hat sich direkt vor der Hafeneinfahrt gebildet und ist natürlich bei Einfahrt nicht sichtbar, allenfalls spürbar am Kiel. Und weil nach links und rechts noch wasserführende Rinnen abgehen, haben wir einen kleinen Buhnenspaziergang unternommen, um das mal näher zu inspizieren. Wie läuft man bei wenig Wasser optimal den Hafen an, bzw. wie läuft man aus? Gehen diese kleinen Priele irgendwo hin, oder verlaufen sie sich im Schlick.

    Das Ergebnis ist interessant: Sie verlaufen sich nicht, sondern münden nach ca. 100m wieder in den Hauptpriel. Dazu muss man aber extrem fahren, was einem zunächst gefühlsmäßig zuwider ist.

    Am rechten Bildrand die Hafeneinfahrt: Bei Buhnenende hart Ruder legen!
    Die Mittelbuhne ist dieselbe, der zu steuernde Kurs geht unmittbar am Buhnenkopf entlang. Also von Buhnenkopf zu Buhnenkopf und links am Bildrand mündet der Nebenpriel in den Fedderwarder Priel. So kommt man auch bei wenig Wasser schon in den Hafen, bzw. wieder rau.

    Jetzt schaue ich auf die Uhr, wie lange es dauert, bis wir nach NW wieder aufschwimmen und dann auch raus könnten. Da legen wir dann eine Dreiviertelstunde drauf und dann haben wir unsere Ablegezeit für morgen früh. Unser Steg-Gegenüber Wolfgang mit seiner Dehlya 25 will sich uns anschließen. Er liegt in Bremerhaven, wo wir ja auch wieder hin wollen. Und er ist ganz scharf darauf, meine Abkürzung über den Langlütjensand mit Ziel Buhnentonne 37 kennenzulernen. Ist ja immer schön, wenn man seine Erfahrungen teilen kann.

    Zum Schluss nochein Foto vom WoMo-Stellplatz. Eine Elektrik, wie man sie vielleicht auch in Indien finden könnte, oder? Klar, man muss sich gegen die Herbsthochwasser absichern, aber geht das nur so? Aber wenn ein Elektromeister unterschrieben haben sollte, dann wird das wohl in Ordnung sein. Hauptsache Strom, oder?

    Wir sehen uns dann morgen wieder nach unserem Frühstart!

    Veröffentlicht am
    Kategorisiert in Logbuch

    Von Kommodore

    Holger Gehrke | Pastor i.R. ("in Rufbereitschaft") | Segler von Kindheit an | Nach vielen Schiffen nun beim Traumschiff "Dralle Deern" gelandet | Ich liebe das Wattenmeer | Es ist mein Revier | Außerdem bin ich Ausbilder für Sportbootführerscheine und Seefunkzeugnisse und ehrenamtlicher Mitarbeiter der Seenotretter (DGzRS) in der Bremer Zentrale | Weitere Hobbys: Posaune, Fotografie, Angeln, Amateurfunk |

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert