Flagge zeigen

Da weht er nun im Fahrtwind, der „Adenauer“!

So nannte man vor Jahren unsere deutsche Nationalflagge, oder auch kürzer „Nationale“. Schwarz, Rot, Gold. Von oben nach unten. Nicht nebeneinander, also horizontal. Das ist Belgien. So eine habe ich mir auch schon mal versehentlich aus dem Regal gekauft. Ich sah nur die Farben, nicht aber die Richtung.

Und um die grundlegende Richtung soll es in diesem Beitrag gehen, und ich meine nicht die Farben.

Da gibt es zunächst die juristische Seite in Gestalt des „Flaggenrechtsgesetzes (FlRG). Das unterscheidet zwischen „Binnen“ und „See“. „Binnen“ darf man, muss aber nicht; „See“ muss man die Landesflagge setzen. Aber auch wiederum nur, wenn man da regelmäßig fährt mit einem „Seeschiff“. Fährt man sonst „Binnen“ und kommt nur dann und wann mal nach „See“, kann man auf die Flaggenführung verzichten. Das ist das Eine. Das Andere sind jedoch die üblichen Sitten und Gebräuche, die in einer Gemeinschaft entstanden sind und wenn schon nicht gepflegt, dann doch mindestens beachtet werden sollten.

Über die Flaggengebräuche heißt es in einer Handreichung des ADAC (der auch Sportboote vertritt):

Allgemeine Regeln

  • Alle Flaggen sollten in ordentlichem Zustand sein, also sauber und nicht ausgefranst.
  • Setzen Sie Flaggen an Flaggenleinen dicht unter der Saling (Querstange am Mast) bzw. dicht unter dem Flaggenknopf (beim Flaggenstock). Ziehen Sie die Flaggenleinen stramm, sie dürfen keine Lose haben.
  • Passen Sie die Größe der Flagge an die Größe des Schiffes an. Auf ein kleines Boot passt sicherlich keine Flagge im Betttuch-Format. Im Fachhandel sind die Größen 20 x 30 cm, 30 x 45 cm und 45 x 60 cm erhältlich (Höhe x Breite).
  • Die Flaggenzeit ist vom 1.5. bis 30.9. von 8 Uhr, in den übrigen Monaten ab 9 Uhr bis Sonnenuntergang, spätestens jedoch bis 21 Uhr.
  • Möchte Ihre gesamte Besatzung zum Ende der Flaggenzeit das Schiff verlassen, dürfen Sie die Flaggen nicht hängen lassen (Ausnahme: der Clubstander, siehe unten).

Seit Jahren gibt es jedoch einen Niedergang dieser Sitten zu beobachten. Und wenn es denn stimmt, dass die Nationalflagge für mein Heimatland steht und dass entsprechend mein Umgang mit meiner Nationalflagge ein Ausdruck meiner Einstellung zu meinem Heimatland ist, dann wird es langsam dunkel über Deutschland!

Ich manchen Häfen scheine ich der Einzige zu sein, der sich noch an die Flaggengebräuche hält. Der abends um neue seinen Adenauer reinholt und ihn morgens- nach dem Aufstehen – wieder raussteckt.

In manchen Häfen gibt es neben mir nicht viele, die sich eine neue Nationale leisten, wenn die alte verweht oder ausgebleicht oder beides zusammen war.

„Adenauer“ am Heck vom „Butt“, 2023 in Eckernförde

Und dann gibt es vereinzelt auch noch die „Europäer“, die eine illegale Flagge setzen, nämlich die Blaue mit den Sternen im Kreis, die Europaflagge, mit einer kleinen deutschen Flagge oben in der Ecke. Kostet Strafe, wenn die WaschPo es merkt und verfolgen will. Dann lieber keine Nationale, das wäre ggf. auch legal – siehe oben.

Wer aber eine Nationale setzt, der sollte sie entsprechend den Regeln und Gebräuchen setzen!

Sie ist inzwischen leider zur Dauerbeflaggung verkommen. Man holt sie nicht nur nachts nicht mehr rein, sondern lässt sie auch draußen, wenn man gar nicht an Bord ist, was ja die meiste Zeit im Jahr ist. Letzten Winter hatten wir einen Gastlieger im Hafen, der im Winter draußen bliebt, bei Schnee und Eis und Sturm, und den ganzen Winter hindurch wehte am Heck seine total verblichene und zerfetzte Nationale! Ist das auch seine Haltung zu seinem Heimatland, oder wie man früher sagte: „Vaterland“?! Armes Deutschland – wenn es denn so wäre. Ich weiß es nicht.

Ich glaube, es sind mehr Gedankenlosigkeit und Faulheit, die hier regieren. Was auch nicht weniger schlimm ist, oder?

Aber nur, weil die Nazis den Flaggenkult missbraucht haben, müssen wir doch nicht auf einen in der Welt allgemein üblichen sorgfältigen und bedachten Umgang mit unserer Nationalflagge verzichten, oder? So viel Macht gestehe ich den Nazis nicht zu, dass sie bis heute oder bis in alle Zeit gar bestimmen könnten, was wir zu denken oder zu setzen hätten. Manche mögen es „cool“ finden, so mit dem „Adenauer“ umzugehen; ich finde es unhöflich, oberflächlich, nachlässig und manchmal auch anmaßend.