5. Tag Weser-Törn (25.8.23)

Von Berne nach Absersiel

Der Tag beginnt ruhig. Kein Wind. Kein Regen. Keine Hektik. Nichts liegt an. Nur segeln wollen wir. Die Windrichtung ist prima (WSW), die Stärke leider bisher mau. Abwarten. Auch der Wind kommt erst im Laufe des Vormittags auf Touren. Vor zehn müssen wir nicht auslaufen, wenn um 1500h beim AKW Unterweser in der Schweimünung Niedrigwasser sein wird. Da ankern wir und warten auf die Flut, die uns ins Absersiel hineinschwemmt.

Morgen dann – natürlich durch die trickige Südausfahrt der Schwei -bis Elsfleth (Durchschleusen in den schönen Hafen) und Sonntag dann wieder heim zum ESV an die Hamme. So der Plan.

Bis es so weit ist, habe ich mich heute erst mal mit dem Klüverbaum – oder besser auch Bugspriet genannt – und seinen Fallen befasst. Eine kleine Wissenschaft für sich. Aber jetzt habe ich es durchblickt und entsprechend präpariert.

Natürlich auch deshalb, weil ich nachher nicht nur die Fock, sondern auch das Klüversegel setzen will. Einmal unter Vollzeug fahren! Muss ja nicht gleich rund Kap Hoorn sein, reicht schon rund Schweiburg-Süd-Spitze. Wenn denn man

Wind kommt. Es ist wenig angesagt, aber immerhin etwas. Sonst ist man ständig eingekachelt im Hafen , es bläst und die Wanten jammern, und jetzt die ganzen Tage: nichts bis wenig. Aber so ist das mit der Segelei nun mal. Und das ist auch gut so. Die Natur hat das letzte Wort.

Ehe wir nun in einer Dreiviertelstunde ablegen aus diesem schönen und absolut ruhigen Hafen Berne Juliusplate, dann noch eben diese Zeilen und die ersten Bilder – vom Bugspriet und dem trocknenden T-Shirt an den Wanten. Bis später dann…

Teil II: Zwischenstopp in Brake, Ankern in Schweiburg.

Wir waren früh dran in Sachen Tide heute. Hinzu kam, dass wir alle Segel oben hatten, ich sogar drei, und dann schlief das bisschen Wind auch noch wieder ein und wir trieben rum. Egal, nun weiß ich wenigstens, wie man das Klüversegel setzt und welche Schot dafür bestimmt und wie sie geführt wird.

Erstmalig mit drei Segeln am nicht vorhandenen Wind

Um nun nicht allzu früh in der Schweiburg zum Ankern zu landen, legten wir erste einmal in Brake an. Ronald und Regine wollten Brot holen, fanden in der City aber nur einen türkischen Laden, in dem niemand Deutsch sprach.

Dorit und ich machten in der Zeit den Job der „Schlepper-Warner“: Wann immer ein großes Schiff oder ein Schlepper mit Speed in Brake vorbeifuhr, war Alarmstufe 1 gegeben. Denn dann klatschen die Welle mit einer derartigen Gewalt gegen den Betonanleger, dass schon Batterien zerbrachen oder Klampen aus dem Deck gerissen wurden. Wir hätten durch kontrolliertes Abhalten versucht, dem Chaos etwas Einhalt zu gebieten.

Brakes Anleger ist deshalb auch verrufen als „Klampenkiller“ (nicht zu verwechseln mit dem „Schlampenkiller„, dem Hamburger Serienmörder Fritz Honka!)

Dann kam auch tatsächlich ein Schlepper ganz nah herangefahren, sah uns und nahm sofort Gas weg, winkte uns zu, als wir Daumen nach oben zeigten, und fuhr noch langsamer von dannen. Ohne Wellen. So geht das auch. Ist aber wohl eher die Ausnahme.

Die Einen auf der Suche nach Brot in Brake, die Anderen mögen ein schönes Mittagessen

Vielleicht gefiel ihm auch die „Dralle Deern“ oder er war einfach gut drauf. Nach brotloser Rückkehr von Ronald und Regine legten wir wieder ab, zumal ich einen bösen Wetterbericht von Käptn Dietzel gehört hatte. Da wurden selbst Tornados nicht ausgeschlossen und rings um uns her veränderte sich dann auch das Wetter auf seltsame Weise. Das Regenradar zeigte, dass wir noch eine Dreiviertelstunde hatte, das Weite zu suchen und das geschützte Fahrwasser zu finden. Gesagt, getan: Kaum, dass wir die Nordspitze der Strohhauser Plate umrundeten (bei der süßen, kleinen Buhnentonne – wer sie kennt!) und über die flache Barre noch eben so in die Schweiburg einlaufen konnten (Ronald hat es fast erwischt mit seinem Meter Tiefgang), ging es mit dem Schütten los. Schnell Ölzeug an und Anker geworfen. Und nun liegen wir hier – wie üblich wie in Abrahams Schoß und warten auf das Steigen des Wassers, damit wir Absersiel anlaufen können. Inzwischen hat es aufgehört zu regnen, aber die Wetterlage ist immer noch irgendwie ungeklärt. Vor uns liegen aber heute nur noch extreme Flachwasser. Also keine Gefahrenzonen, auch nicht bei Gewitterböen der Stärke 9-10, die eben angekündigt wurden. Außerdem ist die Dralle Deern ein Stahlschiff und damit so etwas wie ein Faradaysche Käfig für Blitze. Finde ich ziemlich beruhigend, ehrlich gesagt…

Ich habe den Ankerwächter auf „scharf“ gestellt und nun pieselt es wieder. Melde mich wieder, wenn wir nachher in Absen sind…

Ankern im Regen in der nördlichen Schweiburg -neben dem Ex-AKW Niederweser

Teil III Absersiel

Jetzt ist es neune und wir sind gerade aus Rodenkirchen vom Griechen zurück und pappsatt. Wir hängen in den Kojen und verdauen Suvlaki und Ouzo. Es regnet. Nicht dolle, aber ständig. Auf dem Rückweg, alle ohne Regenzeug, ging das Gespräch darum, ob die Aldi-Regenjacke nicht genug sei für Segler und ob man wirklich das teure Zeug mit Membrane braucht. Ich vertrat letztere These. Man braucht es. Nicht, um mal mal ein Viertelstündchen beim Ankerwerfen trocken zu bleiben. Aber wenn man stundenlang bei acht Grad und Sturm und Gischt an der Pinne sitzen darf, dann hat man was Besseres verdient und dann bewährt es sich auch. Aber das muss ja jeder selbst entscheiden. Ich berufe mich auf ein halbes Jahrhundert praktische Erfahrungen, die einst mit dem gelben Ostrfriesennerz begannen.

Freundlicher Empfang im Absersiel mit sauberen Stegen und Begrüßungsbier

Fotos folgen später. Wir wurden jedenfalls sehr nett beim AWV empfangen: Man nahm nicht nur unsere Leinen entgegen, weil wir ja noch nicht gleich bis voll in den Liegeplatz fahren konnten aus Wassermangel. Dann holte man den Wasserschlauch und spritze unsere Seitenstege von Entenkot frei.

Und schließlich gab Nedo auch noch ein Bier aus für alle und freute sich, dass wir endlich wieder mal kämen und dann noch mit so tollen Booten! Der Amtsfischer kam dazu mit vier Aalen und wir erfuhren, dass er schon in vier TV-Kochshows gesiegt hatte und Nelson Müller für einen tollen Typ hält. Ich übrigens auch, aber ich kenne ihn ja nicht persönlich und habe auch noch nie mit ihm gekocht.

Und werde es wohl auch nie, denn meine Kochkünste verdienen den Namen nicht. Es war jedenfalls ein toller Empfang und schließlich machten wir uns auf zur Kneipe am Absersiel, um das von Werner so hochgelobte Bauernfrühstück zu ordern. Leider geschlossen. Schade. Also nach Rodenkirche gelaufen und beim Griechen eingekehrt. Volles Haus, aber ein freier Tisch für uns. Und nun hängen wir leicht feucht, aber voll satt, im „Salon“ herum und es prasselt inzwischen kräftig auf uns hernieder -jedenfalls akustisch. Durchregnen tut es nicht wie einst auf dem „Butt“, aber der neue Eigner hat ja das Leck gefunden und erfolgreich abgedichtet. Ich hatte fünf bis sechs Versuche gestartet und dann doch jedesmal enttäuscht das Scheitern feststellen müssen.

Zwischen Hamburg, Emden, Kiel: am schönsten ist’s im Absersiel!

Hier in Absen bei Schietwetter denke ich natürlich sofort an die vielen Jugensegeltouren, die hier mit nassen Schlafsäcken und leckenden Persennings oder in davonfliegenden Leichtzelten versackt waren. Wie viele Sturmstunden haben wir hier abgewettert und wie viele Puffer hat Abbi hier auf kleinen Kochern gebrutzelt, um die Laune wieder zu verbessern- mit Erfolg??? Das waren noch Zeiten. Jetzt ist meine Koje trocken und im Salon ist Stehhöhe gegeben. Die Hosen im Liegen anziehen – solche Zeit sind vorbei. Schön waren sie aber auch… Ganz biblisch eben: „Alles im Leben hat seine Zeit….“

Ein Blick auf morgen: Wir wollen kurz vor HW auslaufen, durch die Südmündung der Schweiburg bei Sandstedt gegenüber in die Weser und dann ein kurzes Stück bis Elsfleth segeln und dort durchschleusen. Ronald und Regine möchten sehr gern die Elsflether Hafen mal kennenlernen, weil der so in ihrem Bereich einer Wochenendtour liegt. Also machen wir das. Jetzt entwickele ich noch ein paar Fotos und stelle sie dann wenn möglich noch hier mit in diesen Text. Ansonsten erst mal gute Nacht und bis morgen!

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Von Kommodore

Holger Gehrke | Pastor i.R. ("in Rufbereitschaft") | Segler von Kindheit an | Nach vielen Schiffen nun beim Traumschiff "Dralle Deern" gelandet | Ich liebe das Wattenmeer | Es ist mein Revier | Außerdem bin ich Ausbilder für Sportbootführerscheine und Seefunkzeugnisse und ehrenamtlicher Mitarbeiter der Seenotretter (DGzRS) in der Bremer Zentrale | Weitere Hobbys: Posaune, Fotografie, Angeln, Amateurfunk |

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