7. Tag: Absersiel bis Grohn

Nieselregen überm Absersiel heute früh

Moin zusammen, liebe digitale Mitsegler-Gemeinde!

Als wir heute recht spät gegen halb acht die Augen öffneten und aus den Kojen rollten, da mussten wir erstmalig morgens das Kajütlicht einschalten. Und draußen pieselte es vor sich hin, während das Sieltief langsam leer lief. Nach der Morgentoilette (das Waschbecken samt Ablauf hat sich echt bewährt!) haben wir deshalb kurzentschlossen die Regenjacken übergezogen und sind zum

Guter Tagesstart beim Dorfbäcker in Rodenkirchen-City

Dorfbäcker gelaufen. Sind nur zehn Minuten und das Frühstück war aufbauend gut. Jetzt sitzen wir wieder an Bord und rätseln über die nautische Aussage der Sitzbank neben dem Klo:

Was will uns das nautisch sagen?

Nichts natürlich. Nur irgendwie Backbord und Steuerbord. Grün und spitz ist schon ok. Aber rot und spitz kommt nicht vor in der Nautik. Aber nett gemeint. Ich habe das meinen SBF-Kandidaten im aktuellen Kurs erst mal zur nautischen Diskussion gestellt und sie zerbrechen sich darüber erst mal die Köpfe….

Das Wasser strömt inzwischen wieder ins Siel, es ist jetzt halb elf und ich schätze, dass wir zwischen elf und halb zwölf ablegen können. Dann geht es – bei strammem achterlichen Wind und sicher zumindest auf der Schwei mit Vorsegel – zur Südausfahrt der Schweiburg in die Weser. Immer ein besonderes Abenteuer. Eng und flach. Also gut für Plattbodenschiffe und schlecht für Tiefkieler. Hans-Otto gewöhnt sich gewaltig an Boot und Bordalltag und nimmt an den unterschiedlichen Stellen im Boot schon automatisch die passende Körperhaltung ein: Knieend vor der Kühlbox, Kopf eingezogen vor dem Waschbecken und tief gebeugt beim Eintritt ins Schlafzimmer vorn unter Deck. Er freut sich auf die Passage der Südeinfahrt bzw. – ausfahrt!

Gestern kam noch unser Vereinsvorsitzender Klaus abends vorbei, während mein Kurs noch lief und wir haben hinterher noch lange geschnackt. Er kam extra wegen uns noch mal zum Steg. Und Nedo auch, der -wie er begeistert erzählte – alle meine Filme bei Youtube schaut und besonders die unterlegte Musik von Richard Wagner gut findet (die bei manch anderen Betrachter immer wieder zu kritischen Kommentaren führt). Das baut auf.

Also, jetzt will ich mal langsam auslauffertig machen und werde später am Abend noch mal schreiben. Die Zeit ist etwas enger, weil ich abends ja immer noch den Kurs habe mit den anspruchsvollen nautischen Themen von der Besteckversetzung bis zur jährlichen Anpassung der Missweisung. Aber es wird, auch wenn manche noch stöhnen…

Davon gibt’s reichlich, es wächst sehr viel: das grüne Riet am Absersiel.

Teil II: Unterwegs Richtung Heimat

So sieht ein angestrengter Rudergänger aus, der gleich durch die Südausfahrt der Schweiburg segeln soll und dabei keine Pricke falsch nehmen und auf Grund laufen will! Aber keine Sorge: es hat prima geklappt und wir hatten immer noch wenigstens 7 Dezimeter Wasser unterm Plattboden. Und dabei waren wir noch anderthalb Stunden vor HW an dieser Stelle, vielleicht sogar eher zwei. Der Wind fetzte mit Bft 4-5 aus Nord und wir „geigten“ (für Dickschiffverhältnisse von 5 Tonnen Gewicht) nur unter Fock und mit leichter Dieselunterstützung (eben über Standgas) durch den südlichen Teil der Schweiburg, immer leicht angepieselt vom Dauerregen.

Erst auf der Weser zwischen Elsfleth und Farge änderte sich das Wetter zu strahlendem Blau, der Wind blieb und wir ließen die Fock stehen bis Lürssen-Werft. Danach baute ich nicht nur die Fock ab,

sondern auch gleich den Bugspriet mit allen Leinen und Drahtstagen gleich mit. Gesegelt wird nicht mehr. Und nach einem wunderbaren Törn bei Sparspritverbrauch (sicher unter einem Liter pro Stunde) nahmen wir bei fast HW die Einfahrt zum Grohner Yachthafen und machten wieder – am selben Liegeplatz – beim WVFarge fest. Ein müder Rudergänger musste erst mal ein Schnorchen-Päuschen einlegen, zumal er beim Anlegen so mutig vom Bug auf den Steg gesprungen war, dass er fast auf der anderen Stegseite weiter im Hafenwasser gelandet wäre. Das lernt man halt auch beim Segeln: Einsatz muss immer dosiert sein. Aber man lernt das schnell, auch ohne Hafen-Schwimm-Einsätze.

Nautik macht müde

Gleich werden wir noch den Mast legen, oder vielleicht auch erst morgen früh – dann haben wir länger weniger Tauwerk und Drähte um die Ohren hängen beim Ein- und Ausstieg. Wir müssen morgen wohl auch erst am späten Vormittag los. Dann ist Zeit genug dafür.

Vor dem Schlimmsten konnte ich Kaffeetrinker Hans-Otto unterwegs noch gerade so bewahren, als ich seinen Becher mit löslichem Kaffee auffüllen wollte. Er stand schon so lange angestrengt am Ruder, dass sich bei mir das Mitleid zu regen begann. Ich fragte ihn nach der Anzahl der Löffel, die es für einen guten Kaffee für gestresste Rudergänger bräuchte. Und er antwortete: „Zwei!“ Nur wusste er nicht, dass ich einen Suppen- und keinen Teelöffel in der Hand hielt. Mir kam das aber dann selbst „spanisch“ vor und ich fragte noch mal nach und die Sache klärte sich. Wer weiß, wie man unter Kaffee-Konzentrat reagiert, in dem nicht nur der Löffel stehen bleibt, sondern den man auch noch auskratzen statt trinken muss?! Zumindest der Mittagsschlaf hätte sich dann damit erst mal erledigt.

Um sieben gibt es den dritten Abend vom Sportbootführerschein-Kurs See und es geht dann immer noch um Berechnungen zur Navigsation: Wie berechnet man die Dauer eines Törns, die Ankunftszeit oder die Entfernung bei vorgegebener Geschwindigkeit? Tja, die alten Physikstunden lassen grüßen….

Also, liebe Freunde, die Ihr bis hierher durchgehalten habt: Euch sei gedankt für das Interesse, uns auf unserem Törn, dem letzten dieser Saison 2023 und der ersten Saison mit der Drallen Deern, zu begleiten. Es wird noch eine Moorfahrt geben mit gelegtem Mast und abgetakelten Segeln – wie üblich. Das gehört sich so, zumal wenn man eine Sondergenehmigung für die Hamme hat, die andere gerne hätten. Also weiter fahren zu dürfen als nur bis Tietjens Hütte.

Freilich nur mit 5 km/h! Damit ist mein Dampfer kaum auf Kurs zu halten und ich frage mich, wer das messen will und wie hoch da eigentlich die Fehlertoleranz sein soll? So etwas denken sich nur grüne Theoretiker am Schreibtisch aus, aber niemand, der jemals ein Boot gesteuert hat! Dann kommt es nämlich so, wie schon prognostiziert:

„Es schimpft die Frau, es schreit das Kind, denn Papa kämpft mit Seitenwind. Doch dieser brüllt: Das ist doch klar: Es gelten nur fünf KaEmHa!“

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Kategorisiert in Logbuch

Von Kommodore

Holger Gehrke | Pastor i.R. ("in Rufbereitschaft") | Segler von Kindheit an | Nach vielen Schiffen nun beim Traumschiff "Dralle Deern" gelandet | Ich liebe das Wattenmeer | Es ist mein Revier | Außerdem bin ich Ausbilder für Sportbootführerscheine und Seefunkzeugnisse und ehrenamtlicher Mitarbeiter der Seenotretter (DGzRS) in der Bremer Zentrale | Weitere Hobbys: Posaune, Fotografie, Angeln, Amateurfunk |

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