Seefunk vs Handy

Gute Gründe für Seefunk

Vor vielen Jahren, als der UKW-Seefunk auch für Sportboote angeboten wurde, war das eine teure und umständliche Sache. Damals gab es noch alle deutschen Küstenfunkstellen, von Norddeich Radio bis Kiel Radio. Jedes einzelne Gerät musste eine spezielle Abnahme haben (FTZ-Nummer) und das machte die Sache teuer. Im Grunde verwendete man die kommerziellen Geräte, die sind dann auch noch mal grundsätzlich teurer als Geräte für Verbraucher. Und groß und schwer waren sie auch, diese alten Kisten.

Der alte DEBEG Sailor, ein Klassiker der ersten Generation UKW-Seefunk.

Aber sahen auch toll aus! Wie auf dem Fischkutter eben. Und weil ganz wenige Boote mit Funk versehen wurden, waren auch die Stückzahlen niedrig, was den Preis nochmals hoch hielt. Weil es aber noch keinen Mobilfunk gab wie heute, konnte man sich von See aus – mit Kostenabrechnung in „Goldfranken“ – über eine Abrechnungsgesellschaft ins normale Telefonnetz einwählen lassen oder auch andersherum von Land aus per Festnetztelefon anrufen lassen. Die Küstenfunkstellen verwandelten dann das Telefonsignal in ein Funksignal und umgekehrt. Und weil das über einen Duplex-Sprechweg ging, war sogar Gegensprechen möglich. Das Gerät musste nach strengen Vorschriften eingebaut werden und es kam vor der endgültigen Zulassung ein Prüfer an Bord, der alles prüfte und Testanrufe mit der Küstenfunkstelle durchführte. Erst dann gab es im Erfolgsfall den Stempel, bzw. die Freigabe.

Die Zeiten haben sich geändert. Heute hat jeder ein Handy dabei und kann günstig bis gratis von Bord aus telefonieren. Soweit Netzabdeckung vorhanden ist. Und da liegt schon der dickste Hase im Pfeffer! Das Netz ist nämlich für Landnutzer ausgelegt und ist bevorzugt dort in guter Signalstärke zu empfangen, wo viele Menschen sind. Schon in manchen Landstrichen sucht man vergeblich zuverlässige Verbindung und auf See erst recht. Da ist zwar hier und da auch mal Netz zu entdecken, aber es ist ähnlich wie Seenebel: Plötzlich da und genauso plötzlich wieder verschwunden! Auf keinen Fall eine sichere Sache!

Ein modernes Seefunkgerät mit DSC und ATIS für unter 200 Euro.

Und sicher sollte es doch sein, wenn man mal in Not gerät, oder? Aber es gibt weitere entscheidende Gründe für den Seefunk:

  • Der Akku vom Handy kann schnell mal leer sein, vor allem, wenn ein Seenotfall mal länger dauert, was vorkommt. Ist das Netz schwach, sendet das Handy automatisch immer mit voller Leistung. Der Akku geht schnell in die Knie. Bremen Rescue Radio (Küstenfunkstelle für Notfälle) kann viele Geschichten erzählen, wie eine Handy-Kommunikation plötzlich ihr Ende fand und dann keine direkte Kommunikation mehr möglich war. Ein Seefunkgerät hängt an fetten Bordbatterien und kann daran wochenlang betrieben werden, auch im Sendebetrieb.
  • Mit dem Handy erreiche ich immer nur einen einzigen Kontakt, und der ist meist weit weg vom Notgeschehen. Alle Boote rings um mich rum, die sofort helfen könnten, kriegen also nichts davon mit. Und bis über diesen Umweg der Notruf dann beim Bremen-Rescue landet, kann auch dauern, je nach Kenntnis des angerufenen Teilnehmers. Ein Funknotruf aber erreicht ganz viele andere Boote, darunter meist auch welche in der Nähe, die unmittelbar helfen können. Es muss ja auf Kanal 16, dem Not- und Anrufkanal, Wache gegangen werden. Und zwar von jedem Schiff, das Seefunk an Bord hat. Dann schweigt aller andere Verkehr sofort und nur der Notruf hat Vorrang. Und die Seenotretter hören den Funknotruf sofort und leiten umgehend Rettungsmaßnahmen in die Weg.
  • Seefunk kostet heute nicht mehr viel. Für unter 200 Euro bekommt man ein modernes, digitales Seefunk-Einbaugerät und ein Handfunkgerät schon für 70 Euro. Die jährlichen Kosten betragen bloß wenige Euro und sind vernachlässigenswert. Man braucht freilich ein Seefunkzeugnis. Davon gibt es zwei – wie bei den Sportbootführerscheinen: See und Binnen. Sie heißen aber SRC (See mit digitaler Alarmierung) und UBI (UKW für Binnen). Mein Eindruck ist, dass sich manche ihr Handy schönreden, weil sie sich im Grunde nicht zur Prüfung für das Seefunkzeugnis trauen! Aber so schwer ist die nicht. Nicht mal das SRC, wo man auch ein wenig Englisch sprechen können muss. Aber nur ein wenig. Und das lässt sich auswendig lernen. Also keine Ausreden dieser Art bitte mehr, sondern Mut und ran! Kurse gibt es hier!
  • Und ein vorläufiger letzter großer Vorteil: Ein Handy lässt sich nur, wenn es überhaupt Netz hat, über die Zelle lokalisieren, in die es gerade eingeloggt ist. Das ergibt auf See keine nutzbare Position. Ein modernes Seefunkgerät hat aber einen GPS-Empfänger verbaut, der automatisch mit dem digitalen Notruf die exakte Position übermittelt. Und das ist eine echte Hilfe!
  • Aber in der Not gibt es kein Gebot: dann darf man auch ohne Seefunkzeugnis seinen Notruf aussenden! Aber nur dann. Vorher darf das Gerät aber nicht angeschlossen sein…