Verein oder Marina?

Wo soll ich mein Schiff hinlegen?

Und was ist überhaupt der Unterschied? Die grundlegende Antwort ist leicht gegeben: Ein Verein besteht aus vielen Mitgliedern, die den Verein gegründet, Anleger und Halle in Eigenregie gebaut und finanziert haben und das mit schier endlos vielen Stunden Arbeitsdienst. Sie zahlen einen eher niedrigen Jahresbeitrag, um die laufenden Instandhaltungs- und Betriebskosten abdecken zu können plus eine kleine Rücklage (mehr erlaubt der Staat nicht) für eventuelle Schäden und deren Reparatur zu bilden.

Arbeitsdienst im Verein

Im Frühjahr bringen sie ihre Boote gemeinsam zu Wasser und holen sie im Herbst auch gemeinsam wieder raus. Ebenso die schwimmende Anlage. Vereine leben von Gemeinschaft und Kameradschaft. Ein lebendiger Verein ist immer auch Kommunikation, gesellschaftliches Miteinander, Pflege der Gemeinschaft auf vielerlei Weise. Von der Kohlfahrt bis zur Vereinsregatta. Vereine leben von den unterschiedlichsten Fähigkeiten, Ausbildungen und „Beziehungen“ ihrer Mitglieder. Einer eignet sich zum Kassenwart, eine andere hat ein Herz für „Soziales“ und ein Dritter hat eine große Schlosserei und baut nach Feierabend viel für seinen Verein. Noch ein anderer kommt gut mit Kindern und Jugendlichen aus und schläft gern in nassen Schlafsäcken unter der Jollenpersenning. Der wird Jugendwart. All das macht einen funtionierenden Verein aus. Und ich weiß, wovon ich spreche…

Eine Marina hingegen ist ein kommerzielles Unternehmen. Sie lebt nicht aus Liebe zum Segelsport, sondern um mit dem Segelsport Geld zu verdienen.

Aber sie macht es den Seglern bequem – wenn sie es sich leisten können. Da ist kein Arbeitsdienst abzuleisten, denn die Marina sorgt für guten Zustand des Materials. Wenn man nicht möchte, braucht man auch nicht dabei zu sein, wenn das Boot aus dem Wasser kommt. Kann man alles – gegen Bezahlung – vom Fachmann machen lassen.

Da wird schnell klar, dass ein Platz in einer Marina zwangsläufig teurer, viel teurer sein muss als eine Box am Vereinsanleger.

Wer es sich leisten kann, der kann es sich bequem machen und sich nur auf seine Segelei konzentrieren. Und bei Marinas finden sich auch diejenigen Wassersportler, die nichts so schrecklich finden wie „Vereinsmeierei“ – wie sie es nennen. Ich weiß sogar, was sie meinen. Wer mal gewisse Versammlungen in Vereinen erlebt hat (die Kleingärtner sind übrigens noch eine Nummer schlimmer in dieser Hinsicht!), der kann – freundlich ausgedrückt – auch mal ins Stirnrunzeln kommen. Zum Beispiel darüber, wie man sich stundenlang über total Nebensächliches streiten kann. Ein dickes Fell und eine gute Sitzungsleitung machen es aber erträglicher. Was der Marinist freilich nicht erlebt ist das, was wir im Verein „Kameradschaft“ nennen. Ein Begriff, der leider durch die Nazis in Misskredit geraten ist, es aber nicht verdient hat. Vereinsmitglieder kennen sich gut, haben dieselben Ziele und Anliegen und helfen sich dann auch gegenseitig. Mir hat jetzt gerade ein Vereins“kamerad“, der Elektromeister ist, bei meiner selbst installierten Bootselektrik geholfen, jedenfalls beim 230V-Teil. Da bin ich nun auf der sicheren Seite. Unbezahlbar, wenn man sich ansonsten mal einen „einfangen“ würde, weil der „FI“ nicht ausgelöst hat. Ein anderer kann günstig Bootslack besorgen und ein Dritter versteht sich aufs Schweißen und repariert die abgerissene Deichsel meines Hafentrailers. Und ich revanchiere mich mit den Gaben, die mir gegeben sind und die manche Kameraden vielleicht auch mal nutzen können. Einer hilft dem anderen. Das ist Verein. Wenn er denn funktioniert. Es gibt auch, so hört man, andere.

Mein persönliches Fazit:

Ich bin ein sozialer Mensch, klöne gerne, tausche mich mit Gleichgesinnten gern aus und freue mich, wenn ich mit Menschen zu tun haben, die was anderes können als ich. Ich würde, selbst wenn Geld keine Rolle spielte, nie in eine Marina, sondern immer aus diesen Gründen in einen Verein gehen. Das ist für mich ein Stück Heimat, mit dem man wächst und alt wird. Und dann machen andere weiter. Wie in der Familie. Und das, obwohl ich beim Arbeitsdienst doch ganz schön ins Schwitzen komme und manchmal auch den Tag verfluche, an dem ich im strömenden Regen Wackersteine aufladen und über nasse Wiesen fahren muss…

Von Kommodore

Holger Gehrke | Pastor i.R. ("in Rufbereitschaft") | Segler von Kindheit an | Nach vielen Schiffen nun beim Traumschiff "Dralle Deern" gelandet | Ich liebe das Wattenmeer | Es ist mein Revier | Außerdem bin ich Ausbilder für Sportbootführerscheine und Seefunkzeugnisse und ehrenamtlicher Mitarbeiter der Seenotretter (DGzRS) in der Bremer Zentrale | Weitere Hobbys: Posaune, Fotografie, Angeln, Amateurfunk |

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