5. Tag Wattentörn (5.5.24)

Hafentag in Wremen

Tja, wenn dieser Törn etwas Konstantes hat, dann ist es die Veränderung. Oder das Verwerfen der Planungen von gestern oder eben gerade noch. Auf See gibt es dafür viele Gründe, in einer Gruppe noch mehr. Da zählt immer das schwächste Glied, in diesem Fall das kleinste Boot, das auch nur Einhand besetzt ist. Und da heute ein Tief über Helgoland kreist (dort kein Wind, dafür bei uns umso mehr!), bleiben wir sicherheitshalber im Hafen. Es ist auch kalt und ungemütlich, was schon erst Folgen gezeitigt hat: die Rumflasche ist leer! Der wurde immer zum Verbessern des Ostfriesentees verwendet und daran erkennt man die Mengen an heißem Tee, der hier verkostet wird! Die gute Nachricht: die Kluntjes werden reichen und der Tee auch! Also geht es „vegan“ weiter…

„Düsse Eck“ wird daher zum gemütlich-warmen Sitzplatz. Und gleich, wenn die Fischbuden geöffnet haben werden (futurum II!), soll es auch lecker Bratfisch geben! Gestern hat es ja gerade noch für Fischbrötchen gereicht, aber die waren auch lecker! Danach war die Bude geschlossen. So ist das manchmal mit der Tide.

Die Nacht war ruhig und entspannt, alle an Bord haben gut geruht. Halb sieben habe ich den Bordhund auf die Kaimauer gewuppt (praktisch, diese Schwimmweste mit dem Tragegriff) und wir haben mal den Deich erkundet, bis es uns beiden zu kalt wurde und den Schafen zu aufregend. Manchmal müssen auch kleine Terrier großen Schafen noch mal eben „zeigen“, was die „dürfen“ und was eben auch nicht. Aber alles im Rahmen und ohne Verluste und Touristenbeobachtung (was oft das Schlimmste ist).

Gestern Nacht habe ich noch ein paar schöne Nacheindrücke vom Hafen hier gesammelt, die hier nun folgen:

Und wie geht es Werner? Leider noch nicht besser, Corona ist aber ausgeschlossen. Es braucht vermutlich alles seine Genesungszeit, bis Fieber, Husten und Schnief wieder abklingen. Wir haben gestern bei jedem Rum-Einsatz auf Werner angestoßen. Wenn das nicht wirkt…???

Also heute wieder Planänderung.

Kein Törn nach Fettsiel. Starkwindwarnung. Also im Hafen bleiben. Kein Problem. Denn LM 27 „Nordlicht“ wird dann von hier aus morgen Richtung Norddeich starten und Varianta „Souris“ mit uns Richtung Bremen aufbrechen. Nächster Stopp ist nicht weit: Bremerhaven, Lloyd-Marina (ImJaich, Neuer Hafen). Da liegt ja noch Dieters Boot „Hanni“.

Da sich kein Mitfahrer für die Dralle Deern gemeldet hat, tritt das komfortable Notprogramm in Kraft: Wir legen in BHV den Mast und bringen die fetten Fender aus. Dann lege ich Leinen bereit und fahre die Dralle Deern alleine durch die beiden Schleuse in BHV und Ritterhude nach Hause. Was mich wurmt, aber besser ist in diesem Fall: Ich fahre mit Fendern draußen! Oje, und wie verächtlich denke ich doch über all die, die das immer tun! Hoffentlich sieht mich keiner, jedenfalls keiner, der so denkt wie ich…

Jette hat auch Hafen- und Ruhetag. Gerade träumt sie im Körbchen von all den Erlebnissen der letzten Tage, bis hin zum Watten-„gang“ gestern. Schlickfüße sind ihr allerdings fremd bis unangenehm. Kann man verstehen. Und an Bord richten sie große „Erinnerungen“ optischer Art an. Deshalb haben wir sie vorher im Priel, wie einen Anker, grob gereinigt. Die Kleinigkeiten dann an Bord durch Dieters liebevollen Hände, weil ich an meinen eigenen Gräten zu putzen hatte. Letzte Nach hat es richtig geschüttet! Stundenlang! Umso besser und gemütlicher war es in der Koje!

So, es ist gleich elf und die Buden öffnen. Herr Heumer ist schon mal vorgegangen vor einer Stunde und scheinbar irgendwo „versackt“, vermutlich auf der LM. Wenn Jette wieder wach wird, werde ich sie wieder mit der Weste bestücken und auf die Kaimauer wuppen. Sie kennt das inzwischen schon und weiß, dass es ihr nicht so ganz gefällt, aber unbedingt nötig ist. Aber jetzt schüttet es erst einmal wieder heftig. Schnell noch einen heißen Tee und das Luk ganz schließen.

Ich melde mich wieder! Bis später…

Hafentag Teil II

Erstaunlich, wie präzise heutzutage die Wetterprognose sein kann! Man braucht natürlich die passenden Apps dazu, vor allem die (Bezahl-Apps), die ständig die Daten aktualisieren und aus weit mehr Daten weit genauere Vorhersagen als die Gratis-Apps treffen können. Der Kern des Tiefs ist von Helgoland nach Dänemark gezogen und nun hat entsprechend die Windrichtung sich ebenso geändert wie die Windstärke. Kurs gefasst: Es bläst mit 7-8 Bft aus Nordwest. Da das Tief aber weiterzieht, wird über Nacht wieder eine Wetterumstellung erfolgen – zu unseren Gunsten. Spricht: weniger Wind, mehr Sonne, weniger Regen, gute Windrichtung für Heimfahrt. Warten wir’s also ab.

Was gibt es sonst zu berichten? Nun die üblichen Höhen und Tiefen eines Schlechtwettertages an Bord. Fangen wir mit den Höhen an: Man freut sich an kurzen Abwechselungen! Es hört auf zu regnen, ein Anflug von Licht am Himmel, etwas Blau, und schon geht man mal an Land. Mit Bordhund natürlich. Bei HW freut man sich, dass man den Hund nicht einen Meter hochstemmen muss, um ihn an Land zu kriegen. Und bei NW freut man sich, dass der wackelige Steg, den man mit Hund auf dem Arm entlangschreiten muss, fest im Schlick liegt. Umgekehr gilt aber auch: Bei HW liegt man hoch und der Wind rüttelt am Schiff und zieht durch alle Ritzen. Bei NW ist es ruhiger, der Kahn liegt fest und gerade im Schlick und wenn die Fallen abgebunden sind, ist auch alles viel ruhiger und weniger zugig an Bord. Man lernt, sich an solchen Kleinigkeiten zu erfreuen. Wie auch daran, dass die Versorgungs-Buden am Hafenende geöffnet werden und man sich einen schönen frittierten Fisch mit Salat bestellen kann – für teures Geld. Und dann geht erst das Gas aus und damit die Fritteuse, es dauert und dauert, und schließlich ist das teure Filet winzig und völlig überteuert. Geschmacklich so an der Grenze, ob man mehr die Panade schmeckt oder den Fisch, beides in etwa gleich dick oder besser: dünn. Werner würde davon nicht schneller gesund werden, aber -auch das ist tröstlich- auch nicht noch kränker. Ihm sei an dieser Stelle – und er würde diese Zeilen auch noch bei schwerster Krankheit lesen – nochmals baldige Genesung gewünscht. Heute, lieber Werner, verpasst Du nichts. Außer der Genugtuung, die richtige Entscheidung zum Verbleib im Hafen getroffen zu haben. Wenn’s draußen kachelt und stürmt. Da will ich nicht draußen sein. Das habe ich ein paarmal erlebt und ich brauche es nicht mehr. Nie mehr.

Dieter vor der Fischbude, der das Gas ausgegangen ist. Es dauert noch mit den Kibbelingen….

Kein Wetter, um schöne oder weniger schöne Fotos zu machen! Ich habe meine schöne Vollformat-Nikon-Ausrüstung mit. Aber sie liegt noch immer unter der Koje. Wenn ich fotografiere und filme (eine ganze Menge übrigens an Film diesmal), dann mit der kleinen Sony RX100VII oder mit dem Handy, das einfach immer „handy“ ist, also zur Hand. Zuhause werde ich dann das ganze Material verarbeiten. Und später als Film bei Youtube einstellen – wie immer. Ansonsten sieht es hier so aus:

Blick von der anderen Hafenseite beim Gassigehen auf die Dralle Deern vor Sturmtief-Himmel nahe HW.

Und weil er so schön ist, deshalb auch an dieser Stelle einmal der Spruch, der über dem gemütlichsten Platz hier in der Kajüte auf die Kajütwand geschrieben wurde:

„Bi scheeben Wind und Slackersee is’t garnicht scheun up Deck.

Doch is dat good dat man denn kann upseuken düsse Eck!“

Ein kleines Ereignis fällt mir doch noch ein, besser zwei. Beide haben mit Bordhund Jette zu tun. Sie hat erstens einen unglaublichen Drang in Richtung Versorgungsbuden und „Siebhaus“ entwickelt. Kommt man in deren Nähe, darf man kein Auge von ihr lassen und allem Drang gleich und konsequent widerstehen. Notfalls an die Leine nehmen. Denn die Menschen, die dort stehen oder arbeiten, finden sie alle so „süß“, dass sie ihr freundliches Gebärden gleich belohnen wollen. Und das würde ja diesen Drang nur weiter verstärken. Daran arbeiten wir, dass genau das nicht geschieht. Zweitens saßen wir in besagtem „Siebhaus“, wo es leckeren selbstgebackenen Kuchen gibt und gönnten uns genau diesen. Jette unterm Tisch. Entspannt. Der Raum sehr klein, wenige Quadratmeter groß. Während Dieter und ich die Kitesurfer bewunderten, brach plötzlich die Hölle los: Jette bellte und geriet außer sich, denn ein anderer Hund hatte sich erdreistet, ebenfalls die Lokalität mit seinem Herrchen und Frauchen zu betreten. Hinter meinem Rücken – und daher für mich unsichtbar. Der ersten Maßregelung folgte bei Jette angespannte Ruhe mit leichten Versuchen, nochmals ihr Herrchen bis aufs Blut verteidigen zu wollen, dem sie ja durch die Leine verbunden war. So vermutlich ihr innerer Antrieb. Die anderen Hundehalter waren zum Glück sehr offen und nett, der Hund total entspannt. Ich verabredete mit ihnen, dass ich beim anstehenden Hinausgehen Jette von der Leine lassen würde, weil ansonsten ein wildes Gekeife unausweichlich sei. Die waren einverstanden. Und Jette trödelte, als sei nichts gewesen, friedlich und fröhlich an dem „Kollegen“ vorbei ins Freie! Entspannung auch bei Herrchen.

Was so eine Leine doch für einen Unterschied machen kann! Ob das wohl alle wissen, die sich diese Leinenpflichten ausdenken, plakatieren und ahnden? WC. Wohl Caum.

Und damit verabschiede ich mich für heute, falls nichts Aufregendes mehr passiert, von dieser Seite. Es gilt: „MM“ = Morgen Mehr!“

Von Kommodore

Holger Gehrke | Pastor i.R. ("in Rufbereitschaft") | Segler von Kindheit an | Nach vielen Schiffen nun beim Traumschiff "Dralle Deern" gelandet | Ich liebe das Wattenmeer | Es ist mein Revier | Außerdem bin ich Ausbilder für Sportbootführerscheine und Seefunkzeugnisse und ehrenamtlicher Mitarbeiter der Seenotretter (DGzRS) in der Bremer Zentrale | Weitere Hobbys: Posaune, Fotografie, Angeln, Amateurfunk |

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