Trocken gefallen! Flugs weiter nach Berne…

Harriersand am 17.08. (Donnerstag) | Teil I

„Dahin, Werner!“- und dann saßen wir auch schon. Und gleich ziemlich gut.

Dieser Tag begann früh – und in Dunkelheit. Ab 0515h waren wir wach, angekleidet und am Teekochen. Um sechse wollte wir anlegen, fast zur Zeit des Sonnenaufgangs. Nur dass heute keine Sonne aufging und es sehr bedeckt war und blieb- bis jetzt um neune. Und jetzt liegen wir schon hoch und trocken auf dem Harriersand, vorm Campingplatz und neben dem Fähranleger. Reiner Sand, da werden wir gleich mal von außen alles anschauen. Aber erst mal zurück in die Dunkelheit des Grohner Yachthafens: Hier ein kleiner Film!

Die Nacht war gut: alle Stechmücken vorher gekillt, halbwegs gut geschlafen (in der ersten Nacht an Bord schläft man nie gut) und nur ein Manko gefunden, was nichts mit der Koje zu tun hat: Unten im Stahlschiff ist kein Radioempfang, auch nicht über Internet! Also dauerhaft das WLAN betreiben – was geht – oder vorher irgendwelche podcasts downloaden, wenn man nachts was hören will. Das lässt sich leicht regeln, aber gestern Abend war es doch erstaunlich.

Einfach mal draufgefahren – und abwarten. Alles prima.

Der Kocher funktioniert prima. Besser als der weitverbreitete und doppelt so teure von Origo in Niro mit den beiden „Tellerminen“ als Spiritus-Reservoirs. Der hat eine undefinierbare Flamme und wenn man ihn länger nicht gebraucht verflüchtigt sich der Spiritus aus den Tellerminen. Beim HPV Mambo, den wir über einen Camping-Ausrüster für nur 110 Euro erworben haben. Der wird kurz mit etwas Spiritus in der unteren Schale vorgewärmt, dann wird das Ventil geöffnet und der Spiritus aus dem Tank brennt in wunderbarer Flammenform wie bei einem Gaskocher. Der Tank des Kochers ist dicht, sodass der Spiritus nicht verfliegen kann wie beim Origo. Alles funktioniert besser und das zum halben Preis. Und Niro brauchen wir hier in der Kajüte nicht, zum Traditionsschiff passt eh weiß viel besser.

Inzwischen liegen wir und in einer halben Stunde ist NW. Dann wird es langsam wieder auflaufen und gegen HW werden wir noch mal die Position wechseln. Etwas weiter Richtung Anleger und dann höher hinauf, und da ist weniger Gefälle und man liegt länger trocken. Hier ist unser Heck immer noch im Wasser. Das ist nicht so gut, wenn man ein Schlepper vorbei brummt und einen Meter Welle hinstellt.

Dieter fühlte sich heute vor Aufbruch schlecht und hat entschieden, mit seiner „Hanni“ wieder nach Hause zu fahren und seinen Arzt zu konsultieren. Wir wünschen ihm gute Besserung und eine klare Diagnose.

Was wäre noch zu berichten so weit? Nun, erstens, dass der Dieselmotor einen wunderbar zuverlässigen Eindruck macht, gut schiebt und insgesamt ruhiger ist als beim „Butt“.

Time for tea with rum now…

Zweitens, dass Werner tüchtig gefroren hat und sich zwischendurch in die Kajüte und eine weitere Pulloverschicht zurückgezogen hat. Es war/ist windig und nicht besonders warm. Ich habe wohl eher ein etwas dickeres Fell und bin bisher noch ohne Pullover klargekommen. Jedenfalls sind wir vom gestrigen Sommertag noch weit entfernt, was die Temperaturen betrifft.

Drittens liegen wir satt und fett auf festem Sand, nur ganz leicht schräg. Plattbodenschiffe sind eben traumhaft gut zum Trockenfallen, wenn es dabei möglichst gerade zugehen soll. Ich bin jedenfalls soweit hochzufrieden….

Teil II: Brake bis Berne

Das Trockenfallen hat so überzeugend einfach fuknjtioniert, dass wir uns gleich an den nächsten Punkt der To-Do-Liste gemacht haben:

Also wir aufschwammen, habe ich den Anker reingeholt und dann mit „Voll zurück“ den Strand verlassen. Wind und Tide standen Richtung Bremen. Das eröffnete uns zwei Chancen:

  1. Die Fock zu suchen und zu setzen.
  2. Den Schlickhafen Juliusplate Berne anzulaufen.

Ad1: Zwei Segelsäcke fanden sich an Bord und in jedem waren zwei Segel. Jeweils ein altes, verbrauchtes (in Weiß) und ein neues (in Braun). Natürlich griff ich zunächst das falsche Segel, die Klüverfock. Die setzt man noch vor der Fock und auch erst, wenn man die Fock gesetzt hat und wenig Wind ist. Also wieder runter mit dem Klüversegel. Dann im anderen Sack die stabile Fock samt Fockschot und zwei Holzblöcken (als Holepunkte) gefunden und montiert und alsdann auch gesetzt. Optimaler Holepunkt für die Blöcke:

Vorderwantenspanner ganz unten. Segel steht prima und wir machten nur unter Fock gut Fahrt. Bis 5 Knoten. Alle Achtung. Das Großsegel heben wir uns nun für morgen auf, weil wir erst noch dessen Vorliek mit den kleinen Leinen und Holzkugeln am Mast befestigen müssen. Aber immerhin haben wir schon mal die Großschot montiert und den Baum hochgedirkt. Jetzt kann man hinten mittschiffs stehen, die Pinne zwischen die Beinen nehmen, und stößt sich mit dem Kopf gegen den Baum. Prima.

Und hier noch ein kleiner Segelfilm: einfach klicken!

Aber die Großschotblöcke sind mächtig groß und schwer! Und der untere ist, wie bei Plattbodenschiffen üblich, ein „Hackblock“ mit einer Holznase zum Belegen dran. Segeln lief also prima mit Fock.

Juliusplate Berne

Ad 2: Warum Berne? Nun einfach deshalb, weil wir genau in einer Woche hier wieder einlaufen werden, zusammen mit der „Robbe“. Wir müssen nämlich zu einer Trauerfeier nach OHZ und lassen uns gegenüber in Farge mit dem Auto abholen. Kurze Wege. Flacher Hafen. Aber mit halber Tide geht alles. Mit Glück auch etwas früher. Wo auch immer ein Platz frei ist. Davon hängt auch viel ab.

Der Verein gehört zwar nicht zum Freihafenabkommen, aber das Liegegeld ist günstig und Strom gibt es auch. Und man liegt mitten in der Natur – mit Blick auf die Weser. Hier kommen kaum Gäste her. Von Grohn aus lohnt es kaum, weil „eben um die Ecke“ und wenn man von „draußen“ kommt, dann will man nach Hause mit der Flut.

Aber wir haben hier ein nettes Vereinsmitglied getroffen, viel geklönt und manches erfahren über Verein und „Naturschutz“. Die dürfen hier nicht mal ihre Schiffe aus dem Wasser holen, geschweige denn irgendwo an Land hinstellen. Jeder muss sich einen anderen Verein, eine Werft oder andere Möglichkeiten suchen, sein Boot aus dem Wasser zu holen und über den Winter irgendwo zu lassen. Da sind wir beim ESV doch wirklich verwöhnt mit unserer schönen Bootshalle.

Was gibt es noch zu berichten?

Funktest gemacht. Digital (angekommen) und analog per Sprechfunk mit Bremen Rescue Radio. Die Kollegen konnten mich klar und deutlich hören. Jetzt steht noch Käpt’n Dietzel aus.

Nun, wir haben die neuen Festmacher erstmalig in Benutzung und einen alten entsorgt. Ebenso den „Döpper“ vom Anker. Braucht man nicht (da wir den Anker niemals ins Fahrwasser ausbringen). Die beiden alten Segel kommen auch in die Garage.

Und dann haben wir „Soljanka“ gegessen, eine meiner Lieblingssuppen, die ich neulich von den Kindern geschenkt bekam zum neuen Schiff! Gute Idee! Leute, schenkt mir keine Blumen, sondern Soljanka! Oder wenigstens Eure Aufmerksamkeit…

Werner hat Kocherkunde ganz praktisch betrieben und mal verschiedene Zündvarianten durchgebrannt. Jetzt ist die Sache klar. Und jetzt wäscht er ab und ich spiele meine Filme von der ActionCam übers Handy in die Cloud und tippe diese Zeilen. Mal sehen, was ich vielleicht davon gleich noch posten kann. WLAN funktioniert wenigstens einwandfrei hier. Auch was wert…

Der „Hackblock“ der Großschot, klassisches Utensil der Plattbodensegler

Teil III

Als letzte Vorbereitung für eine komplette Besegelung und deren Test morgen auf der Weser haben wir heute das Vorliek des Großsegels mit den „Mastrutschern“ klassisch-holländisch Art versehen. Das sind Holzkugeln, die auf eine Stück Leine aufgezogen sind. Diese Leine wird um den Mast gelegt und am Segel befestigt.

Oben kommen 5 Kugeln hin, unten 7. Und natürlich in der Mitte dann 6 pro Tauwerksende. Das Großsegel wird, anders als bei modernen Yachten, auf Plattbodenschiffen traditionell offen gefahren. Sowohl am Mast wie auch am Großbaum ist das Segel locker befestigt und nicht unmittelbar dicht oder darin befestigt. Es gibt also keine Nuten, weder im Mast noch im Baum. Das konnte man früher auch nicht bauen und bei Holz würden die auch leicht ausreißen. Am Mast wird das Segel also mit diesen kugeligen Anbindungen angebunden, am Großbaum nur vorn und hinten. Dadurch wird das Segel auch eher leicht bauchig gefahren und durch die Stellung der Gaffel mit profiliert. Segellatten gibt es jedenfalls nicht, was auch von praktischem Vorteil sein kann.

Wir sind jedenfalls gespannt, wie das morgen mit der vollen Besegelung so funktionieren wird. Garantiert werden wir davon berichten…

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Kategorisiert in Logbuch

Von Kommodore

Holger Gehrke | Pastor i.R. ("in Rufbereitschaft") | Segler von Kindheit an | Nach vielen Schiffen nun beim Traumschiff "Dralle Deern" gelandet | Ich liebe das Wattenmeer | Es ist mein Revier | Außerdem bin ich Ausbilder für Sportbootführerscheine und Seefunkzeugnisse und ehrenamtlicher Mitarbeiter der Seenotretter (DGzRS) in der Bremer Zentrale | Weitere Hobbys: Posaune, Fotografie, Angeln, Amateurfunk |

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