Aber es geht erst um High Noon los. Wir müssen ja warten, bis das Wasser abläuft, bzw. schon mal um die Hälfte abgelaufen ist. Dabei gibt es zwei Methoden, von Brhv aus nach Fedderwardersiel („Fettsiel“) zu kommen.
Methode 1 – eher selten genutzt: Eine Stunde vor HW oder anderthalb ablegen und gegen das Stauwasser rausfahren bis Buhnentonne 37 oder Wesertonne 51A. Dann nach NW abbiegen auf den Knick im Wattenfahrwasser Mittelpriel zu. Da ist auch gleich das Watthoch. Man fährt in einem Zug durch-ohne Stopp- und das ist wohl der schnellste Weg nach Fettsiel. Zum Schluss knüppel man ein wenig gegen den bereits leicht ablaufenden Priel an, aber das lässt sich bei keinem Törn vermeiden. Nachteil dieses Törns: kein Watt! Kein Trockenfallen, kein Austernsammeln oder Baden.
Methode 2 – meist benutzt und so auch von uns heute: 2 Stunden vor NW auslaufen und kurz vor NW im Mittelpriel ankern. Wenn man die flache Einfahrt weserseitig geschafft hat, dann wird es wieder tief und man kann noch eine Seemeile weiter reinfahren, bis kurz vors Wattenhoch. Da Anker werfen und warten – und genießen. Es wird aber ein paar Stunden dauern. Man liegt ja auch direkt vor der flachsten Stelle. Ist man da drüber, dann wird es wieder tiefer bis zum Yachthafen.
Heute Abend werden wir dem Sonnenuntergang entgegenfahren, wir werden spät dran sein, wenn es über das Wattenhoch geht. Aber nach meiner Berechnung müssten wir es noch bei Sicht in den Hafen schaffen.
Zum Schluss von Teil 1 – immer noch im Neuen Hafen Bremerhaven – ein paar Fotos von der anbrechenden Nacht im Hafen gestern:
Teil II Zum und im Priel
Es ist kaum zu glauben, dass jetzt September ist! Es ist reinstes Hochsommerwetter mit Dauersonnenschein, 30 Grad im Schatten und kein Windhauch regt sich!
Wir liegen jetzt vorm Wattenhoch im Mittelpriel und ich erinnere die Dutzende Male, die ich hier mit unterschiedlichen Booten, meist mit vielen Jugendbooten und bei diversen Wetterlagen gelegen und auf die Flut gewartet habe. Oft kachelte es und man war froh, dass man der tiefen Weser entronnen war und ihrem Seegang. Dauerregen habe ich hier erlebt und unangeküdigte Bft 7, so viel
Wind, dass unsere Zugvogeljollen nur unter Fock ins Gleiten kamen! Und zehn Dezimeter mehr Wasser auf dem Watt, so sind wir einfach quer rüber gesegelt. Das bleibt hängen in den Erinnerungen. Aber Null Wind und 30 Grad im Schatten? Es war nicht mal richtig abgelaufen und der Ebbstrom war eher mau. Jetzt läuft es schon eine Stunde auf, aber man merkt nichts davon – im Boot. So ruhig habe ich es hier noch nie erlebt. Und es ist Nipptide, also schlappe Ebbe und schlappe Flut.
Ein schönes Plattbodenschiff, eine 9,5m Zeeschow, haben wir hier auch vor Anker angetroffen. Die sind aber mit der Flut zurück nach Bremerhaven getuckert. Ein weiteres Schiff liegt weiter hinten vor Anker, aber ich glaube kaum, dass der mit uns nach Fettsiel will. Unterwegs sahen wir ein halbes Dutzend Boote im Suezpriel ankern. Der ist gegenüber dem Ende der endlosen Hafenkräne von Bremerhaven.
Da kann man wunderbar ankern, baden oder spazierengehen oder nur schauen, was am Hafen so abgeht. Mache viele Bremerhavener, wenn sie nur für einen Tag raus wollen und die Tide dafür günstig liegt, als NW in der Mittagszeit. So wie heute.
Und so vertreiben wir uns die Zeit. Mit Kochen und Essen, Lesen und Dösen, Pfeiferauchen, Blog-Schreiben und Aufräumen und kleinen Basteleien. Ihr wisst schon: „DIY im Happy Place“ -wie „moderne“ Menschen scheinbar sagen müssen. Also Basteln, da wo es Spaß macht und einen Sinn ergibt. Zum Beispiel sind die Schließmagnete unserer Besteckschubladen zu stark. Man muss ziemlich stark daran reißen, damit sie aufgehen. Mit zwei Lagen Panzertape, auf Magnetgröße zugeschnitten, reduziert man das Magnetfeld durch Distanz so weit, das es wirklich schnuckelig gut funktioniert. „Smooze“ – würde vermutlich der „moderne“ Mensch sagen.
So, jetzt fällt mir erst mal nichts mehr ein, deshalb stelle ich noch ein paar eben geschossene Fotos ein. Heute Nacht dann der Rest vom Fest….
Teil III – aus „Fettsiel“
Gleich ist es halb zehn und ich fange erst mit dem dritten Teil an. Das hat mehrere Gründe. Erstens sind wir erst später als gedacht übers Wattenhoch gekommen. Das lag aber nicht an unserem geringen Tiefgang, sondern an der seltsamen Tide, die erst nicht richtig voll ablief und dann ziemlich mau auflief.
Dreimal musste wir den Anker werfen (Ja, Werner, ich kann das jetzt auch!), kurz vor dem Wattenhoch, und einmal trieben wir noch ein Stück aufs Flache, was die Wartezeit wiederum etwas verlängerte. Dann aber planierten wir mit dem platten Boden die letzten Unebenheiten des Wattengrundes am Wattenhoch und zogen unsere Bahn. Kurz vor Sonnenuntergang machten wir dann in Fettsiel fest.
Kaum noch Schiffe am Steg, dafür noch mehr Wohnmobile an Land. Wir fragen uns, ob nächstes Jahr überhaupt noch Anleger ausgebracht werden, oder ob der Hafen nicht zugeschüttet wird für noch mehr WoMo-Stellplätze?! Grausig, einfach grausig, vor allem, wenn man bedenkt, was für ein einzigartiger Hafen und Verein das einmal war! Überall geht’s derzeit ja bergab, hier aber ganz besonders. Leider. Wir haben ja auch keine Alternativen im Revier.
Wind war auch. Aber nur, so lange wir vor Anker lagen. Danach schlief er wieder fast ein. So ist das halt mitunter. Muss man akzeptieren. Auch, wenn es mal zu viel Wind ist. Pricken waren genug zu sehen, auch auf dem weiten Teil des Mittelpriels, wo sie im Frühjahr noch fehlten. Gut so.
Die Entdeckung des Tages war aber keine nautische, sondern eine getränkekundliche: Wir testeten die „Kiezmische“ der Brauerei ASTRA aus der Dose. Eigentlich mögen wir ja keine Getränkedosen, aber die „Kiezmische“ ist ein dolles Gesöff. Eigentlich ein Alster, aber mit viel Frucht angereichert. Steht auch auf der Dose: „Geiler Fruchtgehalt“.
Leider haben wir aber nur zwei Testdosen gehabt und nun steht uns der Sinn nach mehr. Frisch aus der Kühlbox be dreißig Grad im Schatten ist das fast ein „Perlenbacher Alster“-Killer, mein bisheriger Favorit. Von Lidl, falls es dem einen oder anderen bekannt vorkommt. In Plastikflaschen. Einerseits echt ätzend, andererseits gut als Leergut an Bord, weil sie nicht klötern und splittern im Vorschiff. Ich schweife ab. Aber bei dauerhaft 30 Grad kommen einem halt solche Gedanken.
Nun sind wir gespannt, wie gerade wir trockenfallen werden. Im Mai hatten wir alle ja hier Probleme mit dem Untergrund, der aus Beton-Schlick zu bestehen scheint. Es kippte immer gleich in zwei Dimensionen, was fürs Schlafen suboptimal ist. Aber vielleicht bügelt der Plattboden das ja alles wieder gerade. Mal abwarten. Morgen weiß ich mehr.
Morgen machen wir einen Hafentag hier.
Granat kaufen, morgens erst mal Brötchen, dann den Getränkevorrat aufrischen und mal schön Essen gehen. So in etwas sieht die Tagesplanung aus. Da wird es nur einen kurzen Blog geben. Wir haben aber einen interessanten Nachbarn in der Box, der heute aus Bremerhaven kam mit einer Dehlya 65 und Hubkiel. Der will mit uns nicht nur übermorgen zurücksegeln, sondern vor allem ist er ganz scharf auf meine Abkürzung. Er hat nur 45cm Tiefgang, wenn alles hochgekurbelt ist. Einen Dezimeter weniger als wir. Aber wir müssen auch nicht kurbeln.
Morgen wollen wir klönen. Er hat es nämlich geschafft, in einer einzigen Tide von Bremerhaven bis Neuwerk zu segeln, über drei Wattenhochs! Unglaublich! Und hat es dann noch in den total flachen Hafen geschafft. Da brauche ich mehr Input morgen, ganz gewiss! Denn Neuwerk steht bei mir ganz oben auf der Wiederbesuchs-Liste!
Dann mal gute Nacht! Hier taucht gerade die erste Stechmücke auf, während wir fasziniert der „Last Night of The Proms“ im Radio live mithören….